Netzwerk Prekäres Praktikum | Junger DBSH

Wir fordern!

Unsere Forderungen sind so wichtig wie einfach: Studierende im Praxissemester brauchen eine professionelle Anleitung und mindestens so viel Vergütung, dass sie das Existenzminimum erreichen. Klingt eigentlich wie eine Selbstverständlichkeit? Finden wir auch – dass beides zusammen kommt, ist aber eher die Ausnahme als die Regel. Was genau wir fordern, liest du hier.

Existenzsichernde Vergütung des Praxissemesters bundesweit

Studierende Sozialer Arbeit finanzieren ihren Lebensunterhalt in erster Linie durch Erwerbsarbeit in einer oder mehreren Nebentätigkeiten. Um ein Praxissemesters im vorgeschriebenen Umfang absolvieren zu können, sind Studierende gezwungen ihre Nebentätigkeiten stark zu reduzieren oder ganz aufzugeben. Ein Praxissemester ist Pflicht in fast allen Studiengängen der Sozialen Arbeit. Die angehenden Fachkräfte werden dabei aber meistens schlecht oder gar nicht bezahlt. Dem Netzwerk sind Fälle bekannt, in denen die Erstattung der ÖPNV-Fahrkarte als ausreichende Entlohnung betrachtet wird. Ohne die finanzielle Unterstützung durch BAföG-Leistungen oder das Elternhaus finden sich Studierende in sehr prekären Lebenslagen wieder. Diese können sich durch zusätzliche familiäre Sorgearbeiten oder durch die Situation ausgelöste psychische Belastungen noch verschärfen.

 

Eine bundeseinheitliche Vergütung des Praxissemesters würde zu einer Ent-Prekarisierung führen, sodass Studierende sich auf Ihre Ausbildung fokussieren können, ohne selbst Existenzängsten ausgesetzt zu sein.

Studierende, die sich bisher durch Leistungen des BAföG und einen Nebenjob finanziert haben, sind in der Praxisphase dem erhöhten Risiko einer prekären Lebenslage ausgesetzt, wenn sie eine Praktikumsvergütung erhalten. Denn diese wird bei einem Pflichtpraktikum gem. § 23 Abs. 3 BAföG stets und in voller Höhe auf den Bedarf des Auszubildenden angerechnet. Zudem werden Studierenden bei einer Praktikumsvergütung, abweichend von der gesetzlichen Regel und der restlichen Studienzeit, keine Freibeträge gewährt.

 

 

Damit Studierende das Existenzminimum überhaupt erreichen können, dürfen (geringfügige) Vergütungen innerhalb der Praxisphase so lange nicht auf Ansprüche des BAföG angerechnet werden, wie dieses unterschritten wird.

Professionelle Praxisanleitung

Studierende dürfen nicht als günstige Fachkräfte betrachtet werden, sondern als Lernende, denen ein sicheres Lernfeld mit professioneller Anleitung zur Verfügung steht. Hierzu müssen Träger der Sozialen Arbeit beitragen, indem sie die Verantwortung für eine qualifizierte Ausbildung der Anleiter*innen übernehmen. Wir schließen uns in weiten Teilen den Empfehlungen zur Praxisanleitung von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Praxisreferate an (Fach-) Hochschule für Soziale Arbeit (BAGPrax) an.

Anleiter*innen innerhalb des Praxissemesters müssen staatlich anerkannte Sozialarbeiter*innen sein, über ausreichend Berufserfahrung verfügen und entsprechende zeitliche Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen. Anleiter*innen haben die Aufgabe gemeinsam mit den Studierenden Lernziele festzulegen und regelmäßige Reflexionsgespräche zu führen.

Die Praxisphase des Studiums trägt entscheidend zum Erhalt der staatlichen Anerkennung als Professions- und Qualitätsmerkmal bei, deshalb muss dieser praktische Anteil der Ausbildung nach qualifizierten Standards erfolgen und sich in der Praxisanleitung widerspiegeln.

Praxisanleiter*innen stellen ein zentrales Element hinsichtlich des Qualifikationserfolges in der Praxisphase dar. Qualifizierte und qualitative Praxisanleitung kann nur durch entsprechende strukturelle Rahmenbedingungen erfolgen.

 

 

Die Ressourcen für Praxisanleitung muss  in der Personalplanung, Personalentwicklung und in den Rahmenvertragsverhandlungen berücksichtigt werden.

Soziale Dienstleistungen obliegen dem sog. sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen Hilfeberechtigten, Leistungserbringern und den öffentlichen Leistungs- und Kostenträgern. Wenngleich die gesetzliche Gesamtverantwortung der Leistungserbringung in öffentlicher Hand liegt, werden soziale Dienstleistungen überwiegend von freien Trägern erbracht.

 

Die angemessene Vergütung von Praktikant*innen der Sozialen Arbeit muss Voraussetzung für die Gewährung kommunaler Zuschüsse sein.

Diese Maßnahme lässt eine Steuerungswirkung erwarten, durch deren Wirkung die Kommune als Verantwortungsträgerin endlich eine flächendeckende und angemessene Vergütung von Praktikant*innen bei freien Trägern zu gewährleisten und hierdurch prekäre Lebenslagen bei den angehenden Fachkräften vorbeugen kann. Freie Träger, die eine angemessene Vergütung aus vorhandenen Eigenmitteln nicht finanzieren können, müssen von der jeweiligen Kommune hierbei unterstützt werden.