Warum alle verlieren, wenn angehende Sozialarbeiter*innen für 0,- Euro arbeiten müssen
Zugegeben, der Titel ist reißerisch. Aber eigentlich möchten wir uns ins Gespräch mit Ihnen kommen kommen. Deswegen: Schön, dass Sie da sind!
Prekäre Praktikumsverhältnisse sind unter angehenden Sozialarbeiter*innen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Der überwiegende Teil der Studierenden leistet das Pflichtpraktikum zum Erwerb der staatlichen Anerkennung ohne nennenswerte Vergütung ab. Wer keinen hohen BaföG-Anspruch hat oder über beträchtliche Ersparnisse verfügt, gerät schnell in prekäre Lebenslagen. Konkret verlieren die angehenden Fachkräfte in dieser Zeit ihre Wohnung, verschulden sich oder müssen mit mehreren Nebenjobs und bis zur Erschöpfung neben ihrer eigentlichen Ausbildung um ihren Lebensunterhalt kämpfen. Andere brechen ihr Studium ab oder kehren dem Berufsfeld nach dem ersten Burn-Out den Rücken. Und das sagen wir nicht nur so, sondern derartige Biografien beobachten wir immer wieder. Neben der existenziellen Bedrohung durch materiellen Mangel berührt diese Praxis die Studierenden aber noch auf einer weiteren Ebene: Sie drückt fehlende Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit aus. Schließlich widmen sie sich rund ein halbes Jahr lang im Umfang eines Vollzeitäquivalents der Arbeit in einem Betrieb und lassen sich auf einen intensiven Lernprozess ein. Wenn sie durch diese Mühen nicht einmal das Existenzminimum erreichen und ihren Lebensunterhalt nicht sichern können, werden die fehlende Wertschätzung, Frust, Wut und Ratlosigkeit spürbar.
Soziale Träger*innen wirtschaften über ihre Verhältnisse
Wir müssen an dieser Stelle einmal festhalten, dass zahlreiche soziale Träger*innen ganz offensichtlich über ihre Verhältnisse wirtschaften. Praktikant*innen im Praxissemester bietet Träger*innen zahlreiche Vorteile: Sie haben ihr theoretisches Studium bereits hinter sich und bringen neben aktuellem Fachwissen oft auch erste Praxiserfahrungen mit. Dementsprechend leisten sie häufig bereits ein beträchtliches Arbeitspensum in Eigenverantwortung und unterstützen damit die Angestellten bei der Bewältigung des regulären Arbeitsaufkommens. Einzelne sind sogar auf die Arbeitskraft unbezahlter Praktikant*innen angewiesen. Zudem haben Träger*innen die Chance, sich in Zeiten des Fachkräftemangels als möglicher zukünftiger Arbeitgeber zu präsentieren und in ihrem Sinne Einfluss auf die Ausbildung der angehenden Fachkräfte zu nehmen. Diese beträchtlichen Vorteile nutzen Träger*innen derzeit gerne ein halbes Jahr lang für sich – in den meisten Fällen ohne nennenswerte Gegenleistung, die das Existenzminimum sichern könnte. Träger*innen nehmen hier also Leistungen in Anspruch, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Den Preis hierfür zahlen bisher die Studierenden – mit den genannten Folgen: Frust, Überlastung, psychische Erkrankungen, Abbruch des Studiums oder Wechsel des Berufs.
Viele Träger*innen wollen Vergütung zahlen
An derartigen Verhältnissen können auch Träger*innen kein Interesse haben. Und unsere Erfahrung zeigt: Das haben sie auch nicht. Im Gegenteil: Uns erreichen immer wieder Nachrichten in denen kleine Träger*innen oder große Wohlfahrtsverbände beteuern, dass sie das Problem verstehen und gerne eine angemessene Vergütung zahlen würden – es sei aber kein Geld für die Vergütung von Praktikant*innen da; man könne es sich schlicht nicht leisten.
Zunächst mal möchten wir sagen: Wir glauben den Träger*innen das. Mehr noch: Wir wissen sogar, dass kleine Träger*innen meist kein Geld für die Vergütung von Praktikant*innen zur Verfügung gestellt bekommen und glauben ihnen ihre Betroffenheit. Bei großen Wohlfahrtsverbänden darf zurecht bezweifelt werden, dass „leider kein Geld da ist“. Aber auch hier verstehen wir, dass entsprechende Budgets derzeit noch nicht in den Haushalten vorgesehen sind und das Geld für die zuständigen Entscheider*innen tatsächlich nicht zur Verfügung steht.
Wie wird das Problem gelöst?
Wir fassen an dieser Stelle nochmal zusammen: Prekäre Praktikumsverhältnisse sind ein Problem für Studierende und Träger*innen. Studierende geraten in finanzielle und soziale Notlagen oder werden überlastet. Träger*innen haben es mit überlasteten Praktikant*innen zu tun, die einen großen Teil ihrer Ressourcen darauf verwenden müssen, nicht von sozialen Härten betroffen zu werden. Die Qualität der Ausbildung leidet und die Überlastung der angehenden Fachkräfte beginnt noch vor dem eigentlichen Berufsleben. Manche kehren dem Berufsfeld sogar den Rücken, wodurch der Fachkräftemangel weiter verschärft und der Beruf auch in der Außenwahrnehmung unattraktiver wird. Die fatalen Folgen dieser Entwicklung lassen sich derzeit an der Entwicklung der Pflegeberufe ablesen. Kurzum: Es besteht dringender Handlungsbedarf.
Gemeinsam an einem Strang
Den Studierenden wäre mit einer angemessenen Praktikumsvergütung geholfen, die sich am Existenzminimum orientiert. Träger*innen wiederum würden diese Vergütung gerne zahlen, wenn sie nur Geld hierfür zur Verfügung gestellt bekämen. Hier kommt unser Vorschlag und hierfür sprechen wir Sie, liebe Vertreter*innen der Träger*innen gerne auch direkt und ganz persönlich an: Schließen Sie sich uns an.
Unser Wunsch ist eine Allianz aus berufsverbandlich-gewerkschaftlichen Vertreter*innen und Vertreter*innen der Träger*innen und Arbeitgeberverbände. Klar, das ist Arbeit. Aber: eine gute Investition. Die Coronavirus-Pandemie hat gezeigt, dass sich ein Fachkräftemangel dramatisch auf das Leben aller auswirken kann – auf die Gesundheit und die Arbeitsbereitschaft der Fachkräfte, auf die finanzielle Situation der Träger*innen und schließlich in dramatischer Weise auch auf die Leistungsempfänger*innen und ihr Umfeld. Auch aus dieser Erfahrung heraus wünschen wir uns, unser gemeinsames dringliches Anliegen zusammen mit Ihnen an die Politik heranzutragen: Praxissemester in der Sozialen Arbeit müssen vergütet werden. Die erforderlichen Budgets müssen in den Leistungsverträgen berücksichtigt werden. Es wird die Situation aller Beteiligten verbessern.
Den Studierenden wäre mit einer angemessenen Praktikumsvergütung geholfen, die sich am Existenzminimum orientiert. Träger*innen wiederum würden diese Vergütung gerne zahlen, wenn sie nur Geld hierfür zur Verfügung gestellt bekämen. Hier kommt unser Vorschlag und hierfür sprechen wir Sie, liebe Vertreter*innen der Träger*innen gerne auch direkt und ganz persönlich an: Schließen Sie sich uns an.
Unser Wunsch ist eine Allianz aus berufsverbandlich-gewerkschaftlichen Vertreter*innen und Vertreter*innen der Träger*innen und Arbeitgeberverbände. Klar, das ist Arbeit. Aber: eine gute Investition. Die Coronavirus-Pandemie hat gezeigt, dass sich ein Fachkräftemangel dramatisch auf das Leben aller auswirken kann – auf die Gesundheit und die Arbeitsbereitschaft der Fachkräfte, auf die finanzielle Situation der Träger*innen und schließlich in dramatischer Weise auch auf die Leistungsempfänger*innen und ihr Umfeld. Auch aus dieser Erfahrung heraus wünschen wir uns, unser gemeinsames dringliches Anliegen zusammen mit Ihnen an die Politik heranzutragen: Praxissemester in der Sozialen Arbeit müssen vergütet werden. Die erforderlichen Budgets müssen in den Leistungsverträgen berücksichtigt werden. Es wird die Situation aller Beteiligten verbessern.
Für Rückfragen und bei Kooperationsanliegen wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an